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Plötzlich koscher

Dass Juden kein Schweinefleisch essen ist ja allgemein bekannt. Die Trennung von Fleisch und Milch(-produkten) dämmert einem dann so langsam, wenn man ein paar Tage in Israel verbracht hat und auch Orte außerhalb von Tel Aviv bereist. Mir ist das mit dem koscheren Essen damals bei meinen ersten Urlauben erst so richtig beim Frühstück aufgefallen: Ich war Vegetarierin und es gab Käsesorten noch und nöcher. Mein Papa hat derweil die Wurst vergeblich gesucht. Es gilt entweder oder. Dass auch Meeresfrüchte oder manche Fische nicht gegessen werden, hat mich nie gestört, damit habe ich noch nie so richtig was anfangen können, bin aber trotzdem in einer klassischen Fischer-Familie gelandet, mein Schiwegervater hat seine Jungs schon als Kinder mit auf's Boot genommen und sie haben wohl mehr Zeit unter Wasser verbracht, als an Land.


Sind wir mal ehrlich, bei dieser riesigen Auswahl an Salaten ist das Fleisch beim Grillen gar nicht mehr so wichtig...

Jahrelang ist das Thema Kaschrut also so an mir vorbei gezogen, der Kibbutz, in dem ich zwei mal gelebt habe war sekulär und hatte regelmäßig Cheeseburger und Meeresfrüchte auf dem Menü. Für die Volontäre also kein Unterschied zu anderen Ländern. Erst, als ich am Wochenende meinen Freund in Haifa besucht, wir Pizza bestellt haben und ich vorschlug, doch eine Hälfte mit Fleisch zu belegen merke ich: Da sitzt ja doch ein recht traditioneller Jude neben mir! Fleisch auf einer mit Käse überbackenen Pizza geht gar nicht! Und so erfahre ich ganz nebenbei, dass er noch nie in seinem Leben Freisch und Milch zusammen gegessen hat. Bevor wir zusammengezogen sind, ist mir der Fehler noch ein paar Mal passiert, ich bringe Aufschnitt zum Abendessen mit: halb Käse, halb Wurst, er konnte dann davon nur die Hälfte essen. Ein paar Monate später, als ich dann beschlossen habe, eines Tages zum Judentum zu konvertieren, habe ich mich seinen Essensgewohnheiten angepasst. Kurz vorher noch ein letztes Mal mit meinen Freunden in Berlin Cheeseburger mit Bacon und Chicken-Butter Hähnchen beim Inder bestellt, komme ich zurück in unser koscheres Zuhause.


Und eigentlich fehlt mir auch gar nichts. Es gibt so viele Alternativen, meine Schwiegermutti macht eine Lasagne mit Hackfleisch und Aubergine, die so lecker schmeckt, dass ich den Käse gar nicht vermisse. Das gleiche gilt andersrum: vegetarische Pizza, Burekas (Blätterteiggebäck), Sambusak (auch eine Art Teig gefüllt mit Käse oder anderen Leckereien...) Und natürlich das wichtigste: Humus und Falafel!

Das einzige, was mir manchmal ein bisschen fehlt, ist ein Stückchen Schokolade nach dem Essen, aber zwischen Fleisch- und Milchspeisen wartet man je nach Tradition meistens 4 oder 6 Stunden. Es gibt zwar "parve" Schokolade ohne Milch, aber die ist kein Vergleich zur herkömmlichen Süßigkeit.


Israelisches Essen: einmal vegan, einmal vegetarisch und einmal mit Fleisch - und alles wahnsinnig lecker!


Jetzt zu Pessach wird der Koscher-Schwierigkeitsgrad aber noch mal hoch gedreht, es ist kein Chametz, also gesäuertes Brot, Bier oder andere "gegorene" Lebensmittel erlaubt. Mein Mann macht es sich einfach und wir sortieren alles aus, was keinen "Koscher für Pessach"-Stempel hat. An den Koscher-Zertifikaten erkennt man sonst leicht, ob etwas milchig, fleischig oder parve ist. Letzteres ist weder fleischig noch milchig und kann immer dazu gegessen werden, zum Beispiel Brot. Allerdings ist die Sache mit den Koscher-Zertifikaten auch ein riesiges Geschäft, so können zum Beispiel Eier von Hennen in einer Legebatterie als koscher zertifiziert sein, obwohl die Hühner ja wohl offensichtlich nicht nach ethischen Standards gehalten werden. Wir essen aber auch bei nicht-zertifizierten Restaurants, schon allein dem besten Humus des Landes wegen bei Abu Shaker in Haifa.


Zurück zu Pessach, wir essen also eine Woche lang Matzen und Brötchen mit einer seltsamen Konsistenz, auf denen nur steht, dass sie koscher für Pessach sind, das ist die Hauptsache. Und wieder mal bin ich froh über die marokkanischen Wurzeln meines Mannes, wir dürfen im Gegensatz zu anderen Traditionen auch Kitniyot (Hülsenfrüchte) essen. Reis, Bohnen, Linsen, Erbsen, alles kein Problem. Während ich den Blogeintrag schreibe, sind wir gerade bei der Hälfte der Pessach-Woche, aber unser Vorratsschrank sagt was anderes. Ich werde wohl noch die nächsten zwei Wochen Matzot essen. Für den Geschmack kann ich mir dann ja immerhin noch ein Bier dazu aufmachen.



 

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