top of page
IMG_20180406_111831.jpg

Blog

Meine eigene kleine Odyssee

Ich sitze gerade am Ben Gurion Flughafen, es ist Montag, 4 Uhr Früh, in ein paar Stunden wollte ich meinen Blogeintrag über meinen ersten Heimatbesuch seit Corona hochladen, während ich tippe fallen mir die Augen zu. Was für eine Reise! Was für ein Chaos!


Anfang Mai hatte ich beschlossen, noch einmal zu versuchen, bei den ganzen Corona-Regeln für den Flug durchzublicken und aus Israel auszureisen, um meine Familie in Deutschland zu besuchen. So rasten wir zu Innenministerium und Versicherung, nur um den Antrag für die Rückreise am Ende online stellen zu können und Wunder geschehen immer wieder, ich hab meine Einreiseerlaubnis tatsächlich innerhalb der sieben versprochenen Werktage bekommen.


Es war Montag, als ich endlich meinen Flug für Freitag Früh buchen konnte, ich hatte ein langes Wochenende geplant, in Israel ist nächsten Montag Shavuot, also perfekt für eine Reise. Als hätte die Hamas von meinen Plänen, meine Familie endlich mal wieder zu besuchen gehört, haben sie genau an dem Tag, an dem ich meine Dokumente bekommen habe, wieder mal angefangen, Raketen auf Israel zu schießen. Ich dachte mir am Anfang nichts dabei, das hört auch immer wieder auf, jetzt freu ich mich erst mal auf Deutschland.


Am Mittwoch Abend kam dann die Benachrichtigung von Lufthansa, dass mein Flug gestrichen wurde. Wegen der Situation im Süden fliegen sie Israel nicht an, ich kann aber auf Samstag Morgen umgebucht werden, alle gehen davon aus, dass sich die Lage bis dahin wieder entspannt. Ok, einen Tag weniger, denken wir uns und meine Mutter und ich rechnen schon, wie lange wir jeden Tag wach bleiben müssen, um die verlorenen 24 Stunden aufzuholen.


Freitag Mittag, alles ist gepackt, ich habe eingecheckt, mein Freund macht die letzten Besorgungen, bevor wir früh schlafen gehen, wir fahren am Abend zum Flughafen, damit ich dort um Mitternacht, 7 Stunden vor Abflug meinen Coronatest machen kann.

Das war zumindest der Plan, ich bekomme die gleiche Email, auch mein zweiter Flug ist gestrichen. Meine Eltern haben Organisationstalent und telefonieren gleichzeitig auf einer Leitung mit mir, auf der anderen mit der Lufthansa-Hotline in Deutschland. Es gibt keine Direktflüge, aber sie bieten mir einen Zwischenstopp in Athen an, auch am Samstag, gut, dann komme ich eben ein paar Stunden später an. Ich stelle mir schon vor, wie ich in den Gyros beiße und einen Ouzo kippe, da kommt schon die nächste Flugänderung! Diesmal ohne mich zu fragen - der Flug nach Athen geht erst abends, ich soll in Griechenland übernachten. Ich wollte doch nur zu meiner Familie! Die aufgeregt, aber immer noch in einer besseren Verfassung als ich mittlerweile den fünften Flug planen. Diesmal geht's über Zürich, von Dienstag bis Sonntag. Ich stimme jedem Vorschlag zu, ich will nur nicht wieder meinen schon gepackten Koffer wieder auspacken müssen.


Es ist Sonntag, wir sind schon fast auf dem Weg zu meiner Schwiegermutti, um Shavuout zu feiern, als mich eine SMS erreicht: "Grüezi" - mein Flug in die Schweiz findet auch nicht statt. Ich hab die Schnauze voll und suche nach Flügen mit El Al, die einzige Fluggesellschaft, die sich nicht von Raketen aus Gaza aus der Ruhe bringen lässt. Ich hatte zwar schon alle möglichen Geschichten von Nichtisraelis bei Reisen mit El Al gehört, aber wenn sie die einzigen sind, die mich in dieser Zeit nach Deutschland bringen können, vergesse ich die Stories gerne und buche einen Direktflug nach Frankfurt. In der Fernsehwerbung verspricht El Al "Wir bringen dich nach Hause" und ich hoffe inständig, dass sie das Versprechen halten.


Der Dientstag Morgen ist endlich gekommen und ich habe noch keine Email mit einer Absage bekommen, wir sind auf dem Weg zum Flughafen, mein Freund und die beiden Hunde begleiten mich. Mein Coronatest ist zum Glück negativ und sogar während den Sicherheitskontrollen kann ich nicht glauben, dass ich wirklich fliegen kann. Erst als das Flugzeug abhebt, wird mir langsam klar, ich sehe später meine Familie, nach über 1,5 Jahren!


Und wie schön es war, alle wieder zu sehen! Während meiner Zeit in der alten Heimat wurde sogar die Waffenruhe ausgerufen, es tat so gut ein paar Tage nicht an Krieg und Chaos zu denken.


Meine Eltern haben mich also vorhin - ok, vor mittlerweile über 12 Stunden - zum Flughafen nach Frankfurt gebracht, wo ich die typisch Israelische Sicherheitsbefragung sogar auf Hebräisch gemeistert habe. Nach der regulären Hangepäck-Kontrolle sehe ich eine zweite Schlange am Schalter für Israel, die Taschen werden hier noch mal genauer kontrolliert, doch als ich mich anstelle, werde ich weg geschickt, mit meinem deutschen Pass gehöre ich jetzt zur Minderheit und werde später separat und genauer kontrolliert, als alle anderen Passagiere. Zur regulären Abflugzeit fragen zwei andere Deutsche, ein arabischer Israeli und ich noch einmal nach, vielleicht haben sie uns vergessen. Aber wir sind schon fast wieder in Israel, alles geht etwas verspätet und nachdem auch mein letztes Päckchen Hundeleckerlis auf Sprengstoff geprüft war, konnte ich endlich boarden. Halt, direkt noch einmal die Taschen kontrollieren, wieder alle elektronischen Geräte aus und einpacken...


Als ich mich endlich auf meinen Sitz im Flieger fallen lasse, werde ich auf Deutsch angesprochen, neben mir sitzt Andrea Kiewel, meine prominente Leidensgenossin, die eine ähnliche Sicherheitskontrolle gemeistert hat. Sie pendelt seit ein paar Jahren zwischen Tel Aviv und Frankfurt. Was tun wir nicht alles für die Liebe...

bottom of page