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"Mein Mann..."

Ich habe genug davon, meinen Freund "meinen Freund" zu nennen. Mit Anfang 30 und über fünf Jahren Beziehung will ich es verbindlicher! Eine Heirat, so hat er mich aber schon ganz am Anfang vorbereitet, kommt für ihn als Scheidungskind nicht in Frage. Ich habe mir damit erst schwer getan, dachte "das ändert sich bestimmt noch" und nach der ganzen gemeinsamen Zeit kenne ich ihn so gut, dass ich weiß: das ändert sich wirklich nicht.


Mittlerweile sehe ich mich aber auch nicht mehr als Braut im weißen Kleid, so wie man sich das als kleines Mädchen immer vorgestellt hat. Bin ich doch als Deutsche sowieso schon einen Kopf größer als mein Mann - ha, ich habe es zum ersten Mal geschrieben! Ein kleiner, zierlicher Israeli und seine Riesenbraut in ihrem riesigen weißen Kleid, nein danke. Ich könnte mir schmeichelhafteres vorstellen.


Mein Mann, übrigens, hat mich überhaupt erst auf die Idee gebracht, ihn so zu nennen. Wenn wir irgendwo zusammen sind, nehmen die Leute automatisch an, dass wir verheiratet sein müssen - in Israel ist anscheinend kein Paar über 30 noch "Freund und Freundin".


Damit ja nicht genug, meine Schwiegerfamilien sind von beiden Seiten Marokkaner, eine süße, kleine Hochzeitsfeier mit den engsten Verwandten käme sowieso nicht in die Tüte. Bei der Hochzeit einer der unzähligen Cousinen ging es, nachdem das Glas unter der Chuppa zertreten wurde, richtig rund: die Festhalle hat sich in eine orientalische Disco verwandelt und unter ohrenbetäubenden Beats warteten wir auf das Brautpaar. Ein gemeisamer Tanz, dann wird der Dancefloor wieder von den mittlerweile betrunkenen Freunden und Vewandten geentert, wir bleiben noch zum Essen und fahren dann - wir müssen jetzt wirklich ganz dringend schauen, ob unser alter, braver Hund zuhause nichts angestellt hat.


 

Überhaupt, auf Hebräisch gibt es dieses "mein Mann"-Problem gar nicht.

Ein Paar ist ein Sug, er ist mein Ben Sug, ich seine Bat Sug. Das klassische "Baal" als Ehemann wird kaum noch verwendet, weil es auch Herr oder Besitzer bedeutet. Ein Hoch auf die moderne Sprache!


Wenn man es ganz genau nimmt, sind wir ja sogar seit 3 Jahren in einer eingetragenen Partnerschaft. In Israel gibt es keine Zivilehe, aber unsere jährlichen Besuche im Inneministerium, um mein Visum zu verlängern geben uns das Pendant zu genau diesen Status: "in der Öffentlichkeit (als Paar) bekannt".

Letztes Jahr immerhin hat die Sachbeamtin die klassische Diskussion, wie sie nur ein echtes Paar führen könnte, am eigenen Leib erfahren. Bei einer einzigen Frage hatten wir unterschiedliche Antworten: Wer ist am Morgen vor dem Termin zuerst aufgestanden? Wir waren uns beide einig, dass der jeweils andere Partner der Langschläfer war. Er hatte dann aber recht, nur mal kurz Pipi und dann zurück ins Bett zählt nicht. Romantik pur, diese Termine im Innenministerium!


In seinem "natürlichen Lebensraum"

A propos Romantik, mein Mann hat sogar die perfekte Vorlage für einen Antrag liegen lassen: Wir beide schnorcheln bei uns in Haifa am Strand entlang, als er plötzlich ohne ein Wort, beziehungsweise einen Blubb abtaucht. Es dauert kurz, dann kommt er zurück an die Wasseroberfläche: "Denk jetzt nichts falsches...", grinst und hält mir einen Ring vor's Gesicht. Die! Perfekte! Vorlage! Der Ring, den er über Meter hinweg am Meeresboden gefunden hat ist mir aber leider auch viel zu groß und zu schwer und ist deswegen als Andenken an meinen traumhaften Nicht-Heiratsantrag in einer Kiste mit anderen kleinen Schätzen gewandert.


Und wenn in Zukunft mal wieder jemand annimmt, dass wir nach so vielen Jahren zusammen natürlich verheiratet sein müssen, werde ich dann vielleicht loslegen: "Ihr glaubt nicht, wie er mir den Antrag gemacht hat... So romantisch, draußen auf dem Meer..."


 

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