top of page
IMG_20180406_111831.jpg

Blog

Ein Shabbat in Jerusalem

Auf den meisten Israel-Reiseplattformen liest man immer, dass man den Shabbat, also von Freitag- bis Samstagabend, als Tourist am besten nicht in Jerusalem verbringt. Jahrelang habe ich das geglaubt, bis ich angefangen habe, kurze Wochenendtrips in die Hauptstadt zu machen. Denn wenn man sich auf die Atmosphäre einlässt und an den gegebenen Plätzen respektvoll verhält, ist es eine ganz wundervolle Erfahrung, die man so garantiert nur an einem Ort auf der ganzen Welt erleben kann.


Um den Shabbat entspannt zu beginnen, reist man im Laufe des Tages, oder am besten Freitag morgens an, denn die Geschäfte schließen am frühen Nachmittag. Am besten, man sucht sich ein Hotel nahe der Altstadt, oder eben der Orte, die man während Shabbat besuchen möchte, um diese zu Fuß zu erreichen.

Obwohl der Shabbat bei Sonnenuntergang anfängt und eine Stunde nach Sonnenuntergang endet, sind die Öffnungszeiten (und Zeiten der öffentlichen Verkehrsmittel!) in den verschiedenen Jahreszeiten ähnlich, im Sommer hat man nur mehr Zeit zwischen Arbeit und Shabbatbeginn. Je nachdem, wo man in Jerusalem übernachtet, ist es leichter oder schwieriger, während dem Shabbat an Essen zu kommen. Man deckt sich vorsorglich am Freitag Mittag ein, aber im armenischen, christlichen und muslimischen Viertel in der Altstadt ist auch alles geöffnet - das österreichische Hospiz inklusive. Als Israel-Auswanderin weiß ich den Apfelstrudel dort ganz besonders zu schätzen.


Mein liebster Moment ist, wenn am Nachmittag die Läden im jüdischen Viertel schon geschlossen haben und die Vorfreude und Vorbereitung auf Shabbat in der Luft liegt. Jetzt ist der beste Zeitpunkt, die Kotel, die Klagemauer zu besuchen und noch mal fotografieren zu können. Das (und die Nutzung von elektronischen Geräten) ist an Shabbat am Platz vor der Mauer nämlich aus Respekt vor praktizierenden Juden verboten. Am Shabbat wird unter anderem kein Feuer angezündet, das schließt Elektronik mit ein.


Wann der Shabbat genau beginnt, kann man in Jerusalem an den Aushängen an vielen Wänden und in den Eingängen zu Geschäften ablesen. 40 Minuten vor Sonnenuntergang werden die Shabbat-Kerzen zuhause angezündet, danach macht man sich auf in die Synagoge - oder wenn man schon mal da ist zur Kotel. Die feierliche Atmosphäre zu beschreiben, fällt schwer, das ist was, das man selbst erleben muss.


 

Je nachdem, ob Sommer oder Winter dauert der Shabbat unterschiedlich lang, aber es gibt trotzdem genug zu tun. Selbst wer Shabbat einhält, kann das Rockefeller-Museum außerhalb des Herod's Gate der Altstadt besichtigen - es hat am Samstag von 10 bis 15 Uhr geöffnet und kostet keinen Eintritt.



Als nichtjüdische Touristen kann man die Altstadt entdecken, einmal war ich mit einer Gruppe unterwegs und man hätte nicht geahnt, dass gerade Shabbat ist, der Fokus lag damals auf christlichen Sehenswürdigkeiten vom Ölberg, die Via Dolorosa entlang bis hin zum Gartengrab.


Außerdem ist es heute möglich, ein einmaliges Andenken an Jerusalem zu bekommen und dem ältesten Tattoostudio der Welt einen Besuch abzustatten: die Familie Razzouk, die mittlerweile in der 28. Generationen tätowiert sind koptische Christen, ursprünglich aus Ägypten.


Außerhalb der Altstadt wird es im westlichen Teil Jerusalems schon schwieriger, Restaurants zu finden, die geöffnet haben, aber in der Hillel Straße gibt es einige solche, unter anderem Pizza und jemenitisches Jachnun, eine Art Blätterteigrollen mit viel, viel Butter - ein klassisches Shabbat-Essen, das die jementischen Familien traditionell vor Shabbat vorbereiten und über Nacht kochen lassen.


 

Abends, nach Sonnenuntergang spürt man dann richtig, wie alles wieder langsam anfängt zu wuseln: die Restaurants bereiten sich vor, Geschäfte werden geöffnet, jetzt gehen selbst Familien mit kleineren Kindern noch aus, um Einkäufe zu erledigen oder Essen zu gehen. An den Öffnungszeiten von Geschäften ist es ganz normal, zu lesen: "Shabbat: 1 Stunde nach Sonnenuntergang bis 23 Uhr" und man glaubt nicht, wie voll alles auf einmal ist!


Wer ein (für israelische Verhältnisse) langes Wochenende in Jerusalem verbringt und bis zum Sonntag bleibt, kann sich schon mal den Wecker stellen: Morgens um 7 (im Wniter um 8) öffnet der Tempelberg wieder für alle Besucher, egal welcher Religion.

bottom of page