Ich dachte damals, vor fast genau 5 Jahren, wie wir so in einer Gruppe von gemeinsamen Bekannten am Strand in Eilat saßen, dass ich "den schönen Mann mit Hund" (wie ich meinen Freund am Anfang in meinen Gedanken nannte) nach diesem Abend eh nicht wieder sehen würde, wir waren immerhin beide nur für ein paar Tage in der Stadt. Aber ich hatte Glück, er war am nächsten Tag wieder da und ein gemeinsamer Freund wusste damals schon "Ihr beiden verliebt euch grade so richtig." Und das ist noch nicht mal der kitschigste Teil der Geschichte.
Jahr 1: Es ist es wert, zu versuchen
Als ich am gleichen Abend auf dem Weg in mein Hostel war, hatten wir weder Telefonnummern noch Facebook-Namen ausgetauscht (ja, wir sind beide zwar vielleicht frisch verknallt, aber auch blöd) und ich dachte, ich seh ihn nie wieder. Also schnappte ich mir kaum angekommen ein Taxi und fuhr zurück zum Strand. Was ich dort machen oder sagen wollte, wusste ich selbst nicht so richtig. Dort sah ich auch schon unseren kleinen Hund Gever - sie sind also noch da! Er fragte mich, was ich denn wieder hier mache. "Ich hab gehofft, du bist noch da..."
Sprung in die Zukunft - Nachdem meine erste Aktion damals so erfolgreich war, dachte ich mir, nach ein paar Besuchen bei meinem Israeli: der ist es! Und löste meine Wohnung in Berlin auf und zog nach Israel - im Nachhinein die beste Entscheidung meines Lebens.
Jahr 2: Man kann wirklich nichts im Voraus planen
Ich weiß gern, was mich in der Zukunft erwartet. Meine Urlaubstage beantrage ich weit im Voraus, umso länger ist die Vorfreude auf die Reise. Nicht aber in Israel. Manchmal wusste ich weder, ob ich meine geplanten Termine in 2 Wochen wahrnehmen kann, noch, was eigentilch aus meinem Visum wird. "Das klären wir, wenn es so weit ist". Mein Freund hat die Ruhe weg, er ist das Spiel immerhin seit über 30 Jahren gewohnt. Gerade gestern erzähle ich ihm von einem Tag, an dem ich unterwegs sein werde und er als Hundesitter zuhause, aber das interessiert in seiner Firma noch niemanden, der Urlaubstag liegt immerhin 3 Wochen in der Zukunft.
Jahr 3: Die öffentlichen Verkehrsmittel sind echt so schlimm
Ich geb's ja zu, ich hab die öffentlichen Verkehrsmittel in Israel immer gelobt, aber trotzdem darunter gelitten. Ich wollte einmal einen Sprachkurs machen, hätte dafür aber jeden Tag nach Tel Aviv pendeln müssen, eine einfache Fahrt mit der Bahn dauert eine Stunde. Also schrieb ich mich an der Uni Haifa für den Kurs ein und sehe dann: mein Bus braucht dorthin genau so lange! Überhaupt sind angegebene Zeiten eher eine grobe Richtlinie, oft braust der Bus auch schon vor der Abfahrtszeit an der Haltestelle vorbei, er kann noch mehr Zeit gut machen und auch andere Fahrgäste enttäuschen.
Jahr 4: Es ist wirklich so hart
Wie oft hat mir mein Freund gesagt, dass ich verrückt sein muss, seinentwegen in einem Land wie Israel leben zu wollen. Nicht mal wegen der allgegenwärtigen Wahrscheinlichkeit, dass es mal wieder zu einem Krieg kommt, sondern wegen dem ganz normalen Leben hier! Und kaum 5 Jahre später stimme ich ihm da zu Hundert Prozent zu. Wer hätte das gedacht. Sei es die Bürokratie, oder die teueren Lebenshaltungskosten, den Strand so nah vor der Haustür zu haben, hat seinen Preis. Kaum zu glauben, dass die Wohnungen im Landesinneren auch immer teurer und teurer werden - wie rechtfertigen sich die Leute dort, so hohe Mieten zu zahlen?
Jahr 5: Das Mittelmeer ist eigentlich auch ganz cool
Im Vergleich zum Roten Meer dachte ich immer, das Mittelmeer stinkt ganz schön ab. Keine großen Korallenriffe, keine bunten Fische, sondern nur die kleinen nervigen, die einen in die Fersen zwicken und es ist überhaupt viel zu windig und wellig, um das Meer zu genießen.
Dann kam Corona und das Mittelmeer war meine einzige Möglichkeit, aus dem Chaos zu fliehen. Nach 4 Jahren schnappte ich mir meinen Freund und meinen Schnorchel und ließ mir die Unterwasserwelt vor unserer Haustür zeigen. Bis zum Ende des Sommers hatte ich mich in eine der russischen Senioren verwandelt, die schon morgens um 7 im Wasser sind, wenn das Wasser noch ganz klar und die Sonne noch erträglich ist. Nur ich grüße immer noch mit "Boker tov", statt "Dobre din".
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