Ein ganz persönliches Update
- Lisa
- 16. Mai
- 2 Min. Lesezeit
Ich komme nicht mehr hinterher. Die Zeit vergeht so schnell und es passiert andauernd so viel. Wir sind seit einem Jahr und sieben Monaten im Krieg. Sobald ich eine Idee für einen Blogeintrag habe - letztens sogar schön grafisch aufbereitet für Instagram - passiert ausgerechnet genau zu unseren Feiertagen wieder irgendein Anschlag, es gibt wichtigere News und ich komme mir blöd vor, meinen Alltags-Quatsch zu teilen. Andererseits war mein Blog genau dafür gedacht: das tägliche Leben in einem Land zu zeigen, von dem die wenigsten wissen, wie es wirklich ist. Bei uns privat ist im letzten Jahr so viel passiert, dass ich gerade nicht glauben kann, dass es schon wieder Mitte Mai ist. Deswegen heute mal ein Update, wie mein Leben in Israel abseits vom Krieg aussieht:
"Abseits vom Krieg" ist gut - mein Mann war innerhalb der letzten 12 Monate jeweils zwei mal drei Monate in Reserve, das zweite Mal glücklicherweise gerade zum Waffenstillstand im Februar, als viele Geiseln endlich zurück nach Hause gekommen sind. Er war dadurch öfter zuhause als in der vorherigen Runde im Sommer und ich musste den Alltag nicht ganz alleine am Laufen halten. Hier noch mal größten Respekt an alle Miluim-Frauen und Mütter, die das für so lange Zeit hinkriegen.
Im Vergleich zu "vor dem Krieg" gab es bei mir auch arbeitstechnisch eine große Veränderung, ich arbeite nicht mehr als freiberufliche Grafikerin, sondern bin jetzt Vollzeit bei einer der israelischsten Firmen überhaupt: Source. Lange vorher wollte ich schon mal einen Blogeintrag über die kultigen "Sandalei Shoresh", wie sie auf Hebräisch heißen, schreiben. Die Sandalen sind wirklich das Erkennungszeichen für Israelis im Ausland. Mein Mann arbeitet übrigens bei der gleichen Firma, er "on the road" und ich im Büro.
Durch meine Arbeit hat sich mein Hebräisch auch noch einmal so viel mehr verbessert... Ich kam vorher gut zurecht, aber wir sind aus Gewohnheit und Gemütlichkeit doch immer wieder zuhause zu Englisch gewechselt. In meinen ersten Wochen im Büro war es mir auch immer etwas unangenehm mit meinem fränkischen Akzent Hebräisch zu sprechen. Mittlerweile schreie ich aber wie alle anderen in meine Bluetooth-Kopfhörer, während ich am Computer Bestellungen eintippe - ich bin angekommen.
A propos angekommen: Ich hatte ja schon einmal erzählt, dass ich seit Dezember 2023 israelische Staatsbürgerin bin. Jetzt habe ich noch den letzten Schritt Bürokratie unternommen. Nach unseren jährlichen Besuchen beim Innenministerium, um mein Partnervisum zu verlängern, habe ich meinen ersten Termin ganz alleine absolviert und meinen israelischen Pass beantragt. Endlich muss mein Mann nicht mehr mit mir zum Amt!
Wenn mein früheres Ich aus 2017 mich so sehen könnte: Jüdin, Israelin, die typischen kleinen Alltagsprobleme wie Ämter oder Stress im Büro - und das alles, während unser Land immer noch im Krieg ist. "Am Israel Chai", das Volk Israel lebt ist eben mehr als nur ein Slogan. Es ist unsere Realität.